Die Fliegerei ist eine Welt für sich, die viele Menschen begeistert. Obwohl das Fliegen und Reisen für viele bereits zur Normalität gehört, gibt es doch immer wieder Fragen, mit denen ich als Flugbegleiterin von meiner Familie, Freunden und Bekannten gelöchert werde. In diesem Artikel räume ich mit einigen dieser Fragen auf und erzähle euch von ein paar anderen interessanten Flightfacts.
1. Warum zu Start und Landung die Rückenlehnen aufrechtgestellt und die Sonnenblenden geöffnet werden
Auch wenn uns Flugbegleitern immer wieder gerne Boshaftigkeit unterstellt wird, wenn es um Themen wie Handgepäck, Sonnenblenden oder Rückenlehnen geht, handelt es sich in den meisten Fällen um sicherheitsrelevante Gründe.
Die Sonnenblenden müssen zum Beispiel geöffnet werden, damit wir im Falle einer Notlandung sofort einen Blick aus der Kabine nach außen werfen können, um zu checken welche Ausgänge benutzbar sind und ob irgendwelche Bedingungen (z.B. schwarzer Rauch, Feuer oder Wasser) eine sichere Evakuierung beeinträchtigen könnten, bzw. zusätzliche Maßnahmen, wie etwa bei Wasser das Anlegen der Schwimmweste, notwendig sind.
Die Rückenlehnen und Tische müssen aus einem ähnlichen Grund zurück in ihre Position gestellt werden, denn dadurch wird sichergestellt, dass im Falle einer Evakuierung nichts die Evakuierungswege blockiert oder erschwert. Ähnliches gilt übrigens für das Handgepäck. Ein Laptop z.B. kann bei einer Landung zum Wurfgeschoss werden und schwerwiegende Verletzungen verursachen.
Beim nächsten Mal also einfach mal nicht die Augen verdrehen oder eine Diskussion anfangen und bedenken, dass wir nur unseren Job machen und daran interessiert sind, alle Passagiere heile von Bord zu bringen.
2. Warum Flugbegleiter jeden einzelnen Gast begrüßen
Das Begrüßen jedes einzelnen Gastes beim Betreten des Flugzeuges gehört für jede Airline zum Standard. Was in zweiter Linie sicherlich zur Freundlichkeit und Kundenbindung dazugehört, hat in erster Linie einen ganz anderen Hintergrund. Während des Einsteigens findet das sogenannte „Passenger Screening“ statt, das der Flugsicherheit dienen soll. Dabei schauen wir Flugbegleiter uns die Passagiere ganz genau an und achten auf gewisse Auffälligkeiten, wie etwa ob ein Gast stark alkoholisiert, medizinisch in einem besorgniserregenden Zustand oder aggressiv ist. Gäste, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie in der Luft eventuell zu einem Problem werden könnten, lassen wir lieber direkt am Boden. Darüber entscheidet aber in letzter Instanz natürlich der Kapitän zusammen mit dem Kabinenchef.
Wir achten aber auch auf Personen mit Handicap, die unsere besondere Aufmerksamkeit und Hilfe benötigen oder schauen uns bereits beim Einsteigen nach Personen um, die uns im Falle eines Notfalls eine Unterstützung sein könnten.
3. Warum das Licht zu Start und Landung gedimmt wird
Auch hier muss ich euch enttäuschen, wenn ihr gedacht habt, dass es sich hierbei um eine nette Geste handelt, damit ihr besser einschlafen könnt.
Da es sich bei Start und Landung um die kritischsten Flugphasen handelt, wird das Licht gedimmt, damit sich die Augen der Passagiere und der Crew schneller an die Dunkelheit gewöhnen. Im Falle einer Evakuierung brennt nur das schwache Licht der Notausgangsbeleuchtung und durch das Dimmen des Kabinenlichts sind unsere Augen bereits an die schwache Beleuchtung gewöhnt. Außerdem sind auch die Leuchtstreifen, die den Weg zu den Notausgängen weisen, im Dunkeln besser zu erkennen.
4. Warum ihr während des Starts und der Landung nicht schlafen solltet
Auch wenn euer Flug zu einer unangenehmen Uhrzeit stattfinden sollte und es gut tut, die Augen zuzumachen, solltet ihr während des Starts und der Landung versuchen wach zu bleiben. Natürlich zum einen aus Sicherheitsgründen, da es sich, wie bereits erwähnt, bei Start und Landung um die kritischsten Flugphasen handelt. Zum anderen aber solltet ihr euren Ohren zuliebe wach bleiben! Denn der Körper ist im schlafenden Zustand nicht mehr in der Lage, einen Druckausgleich durchzuführen und euer Trommelfell könnte verletzt werden. Besonders aber bei Kleinkindern und Babys und bei Personen, die bereits Probleme mit den Ohren haben, sollte das beachtet werden.
5. Warum die Fenster im Flugzeug oval sind
Dass die Fenster im Flugzeug immer abgerundet sind, hängt tatsächlich mit der Sicherheit und dem Druckausgleich zusammen. Bei ovalen Fenstern wird die Spannung besser ausgeglichen, die aufgrund des enormen Druckunterschieds zwischen Flugzeuginnenraum und der äußeren Atmosphäre entsteht. Da eckige Formen leichter angreifbar sind, wird durch die ovale Konstruktion der Fenster der Druck auf das Material reduziert, da sich die Spannung gleichmäßig um die Kanten entladen kann. Das kleine „Loch“, das euch vielleicht schon einmal an den Fenstern aufgefallen ist, dient übrigens ebenfalls dazu, den Druck auf die drei Scheiben, aus denen ein Flugzeugfenster besteht, zu regulieren. Außerdem sorgt es dafür, dass die Feuchtigkeit aus dem Zwischenraum zwischen den Scheiben entweichen kann und so die Fensterscheibe nicht beschlägt.
6. Warum Piloten niemals dasselbe Gericht essen
Es ist zwar keine offizielle Vorgabe, jedoch gilt es quasi als ungeschriebenes Gesetz, dass der Kapitän und der Co-Pilot darauf achten sollten, nicht das gleiche Gericht an Bord zu essen. Auf diese Weise wird die Gefahr minimiert, dass sich beide Piloten gleichzeitig eine Lebensmittelvergiftung oder Ähnliches zuziehen und so außer Gefecht gesetzt wären. So wird sichergestellt, dass in so einem Fall immer noch einer von beiden das Flugzeug bedienen könnte.
7. Warum es Aschenbecher an Bord gibt, obwohl das Rauchen verboten ist
Die Flugzeuge sind nicht etwa alle alt und stammen aus einer Zeit, in der das Rauchen an Bord noch erlaubt war. Aus Erfahrung wird einfach davon ausgegangen, dass es immer Passagiere geben wird, die sich nicht an das Rauchverbot halten und heimlich auf der Toilette rauchen. Damit die Zigarette danach wenigstens fachgerecht entsorgt werden kann und nicht im Papierkorb der Toilette womöglich einen Brand verursacht, gibt es die Aschenbecher an Bord. Das schreibt übrigens die EASA (Europäische Agentur für Flugsicherheit) vor.
8. Flugbegleiter und Piloten werden erst in der Luft bezahlt
Wir werden tatsächlich erst aktiv ab dem Moment bezahlt, in dem das Flugzeug seine Parkposition verlässt (d.h. offblocks geht) und bis zu dem Zeitpunkt, wo es seine neue Parkposition erreicht hat (also wieder onblocks geht). Dieses Prinzip der Bezahlung ist bei fast jeder Airline gleich – ansonsten wären wir vermutlich alle bereits steinreich.
Das bedeutet aber auch, dass die Zeit der Flugvorbereitung, des Briefings, der Sicherheitschecks, des Boardings usw. nicht als Arbeitszeit anerkannt wird und diese Zeiten lediglich von unserem Grundgehalt abgedeckt werden, das, je nach Position und Seniorität, jeden Monat gleich ausfällt – ganz egal, ob es zu Flugverspätungen oder -ausfällen gekommen ist.
Wenn ihr euch also das nächste Mal über Verspätungen aufregt solltet ihr bedenken, dass wir Flugbegleiter mindestens genauso genervt sind, denn wir arbeiten gerade für umsonst und schenken euch trotzdem ein Lächeln 😉
9. Es gibt immer wechselnde Crews
Die Frage, ob ich immer mit derselben Crew unterwegs bin, ist tatsächlich eine der meistgestellten Fragen. Natürlich kommt es manchmal vor, dass ich mit dem einen oder der anderen schon einmal geflogen bin. Das ist aber eher die große und seltene Ausnahme. Obwohl es auf euch als Außenstehende so wirken mag, als wenn wir uns schon ewig kennen, weil wir so einen vertrauten Umgang miteinander haben und die Abläufe reibungslos funktionieren, fliegt man jedes Mal mit unterschiedlichen Crewmitgliedern. Unsere festgelegten Procedures und Arbeitsrollen, die jedem bekannt sind, sorgen dafür, dass wir uns innerhalb von wenigen Minuten zu einem funktionierenden Team koordinieren können. Die Besonderheit, dass wir uns an Bord bedingungslos aufeinander verlassen müssen, sorgt zusätzlich dafür, dass sich ein natürlicher Zusammenhalt ergibt.
10. Ein Flugzeug kann auch mit einem Triebwerk fliegen
Die Vorstellung, ohne Motor in der Luft zu fliegen, kann beängstigend sein. Der Fakt, dass Flugzeuge jedoch mit mindestens zwei Triebwerken ausgestattet sind und man, selbst wenn eines der Triebwerke ausgefallen ist, noch weiterfliegen kann, sollte die meisten jedoch beruhigen. Das Fliegen mit halber Motorleistung kann zwar dazu führen, dass ein Flugzeug mehr Treibstoff verbraucht und die Reichweite verringert, aber Flugzeuge sind für solche Situationen ausgelegt und getestet.
11. Chemischer Cocktail statt Sauerstofftanks
Dass sich in allen (größeren) Passagierflugzeugen Sauerstoffmasken befinden, weiß jeder, der bei der Sicherheitsvorführung aufgepasst hat. Die wenigsten wissen aber, dass diese nicht mit reinem Sauerstoff gespeist werden. Sauerstofftanks wären nämlich viel zu schwer und sperrig für die Anwendung im Flugzeug. Stattdessen befindet sich in der Verkleidung über jedem Sitzplatz ein Gemisch unterschiedlicher Chemikalien, die Sauerstoff produzieren, wenn sie gemeinsam zur Reaktion gebracht werden. Dieser chemische Prozess wird in Gang gesetzt, sobald man an der Maske zieht.
12. Es gibt in vielen Flugzeugen keine Sitzreihe 13
Das trifft zumindest auf die Airlines zu, in deren Kultur die Zahl 13 als Unglückszahl gilt. In anderen Kulturkreisen, wie Brasilien oder Italien, wird stattdessen auf die Reihe 17 verzichtet, in China auf die Reihe 4, da diese Zahlen dort Unglück bringen sollen.
Und da auch ich mit dieser Fliegertradition nicht brechen möchte, endet der Faktencheck an dieser Stelle. Ich hoffe ich konnte euch mit dem ein oder anderen Punkt zum Schmunzeln bringen und ein paar offene Fragen zur Fliegerei beantworten.