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    Seattle – Die Smaragdstadt am Pazifik

    Seattle ist eine Stadt, die von Gegensätzen lebt. Auf der einen Seite verbindet man sie mit Kurt Cobain, Jimi Hendrix und dem Grunge. Auf der anderen Seite hat sie wunderschöne grüne Landschaften zu bieten, die vom Wasser umgeben sind und den Mount Rainier mit seiner dominanten weißen Bergspitze, die man bereits von der Stadt aus sehen kann.

    Da mein Hotel in Bellevue lag – einem Vorort von Seattle – ist mir schnell klar geworden, warum die Stadt den Spitznamen der Smaragdstadt trägt. Mich persönlich hat Seattle ein bisschen an Vancouver erinnert mit seinen verzweigten Flusslandschaften und den immergrünen Wäldern. Lustig, denn „Schlaflos in Seattle“ sollte ursprünglich tatsächlich in Vancouver gedreht werden, weil sich die beiden Städte landschaftlich sehr ähnlich sind. Obwohl ich nur einen freien Tag vor Ort hatte und eigentlich nur entspannt durch die Stadt flanieren wollte, habe ich einiges aus der Zeit herausholen können.

    Gum Wall

    Mein Kaffeedurst hat mich zunächst zu DeLaurenti Food & Wine geführt – einem Spezialitätenladen, der nur wenige Meter oberhalb der berühmten Gum Wall liegt. Der Cappuccino dort war nebenbei gesagt unheimlich gut und der Laden sehr süß. Frisch gestärkt ging es dann die kleine Straße herunter zur Gum Wall. Dort angekommen habe ich mit Erstaunen festgestellt, dass die Gum Wall mittlerweile eher eine Gum Hall ist. Als ich vor drei Jahren das letzte Mal in Seattle gewesen bin, war das Ausmaß der mit Kaugummi beklebten Häusermauern noch deutlich kleiner. Heute erstreckt sich die Gum Wall auf beiden Seiten der kleinen Gasse über eine Länge von 50 Metern.
    Man mag sich darüber streiten, ob es sich hier um die ekligste oder skurrilste Sehenswürdigkeit ever handelt. Fest steht aber, dass die Gum Wall täglich tausende Touristen anzieht, die sich nicht nur selbst mit ihrem Kaugummi dort verewigen wollen, sondern auch ein Selfie vor dem klebrigen Hintergrund machen möchten. Ein Phänomen, dass es nur in Seattle geben kann. Aber wie ist es eigentlich dazu gekommen?

    Die Gum Wall befindet sich direkt neben einem Theater und so sollen der Legende nach bereits in den 90er Jahren gelangweilte Besucher beim Warten in der Schlange ihre Kaugummis an die Wand geklebt haben. 2015 hat es sogar einmal eine große Reinigungsaktion gegeben, bei der in unglaublichen 130 Stunden mehr als eine Tonne Kaugummi, verteilt auf 94 volle Eimer, von der Wand entfernt wurde. Aber wie ihr euch vorstellen könnt, hat es nicht lange gedauert, bis das Ganze wieder von vorne losging 😉

    Frühstück

    Unterhalb vom Pike Place Market gelegen bin ich durch Zufall auf eine sehr schöne Frühstücks-Location gestoßen, die bereits vom hinteren Markt aus mit einem Schild beworben wird: Freya Bäckerei & Café: Breakfast – Lunch – Coffee – Hygge. Oft bekommt man nicht das, was einem zuvor versprochen wird, aber hier wurde ich nicht enttäuscht. Es gab die feinsten Gebäcke, coolsten Kaffeespezialitäten, wie z.B. einen Lavendel Latte und auch zum Frühstück standen ausgefallene Menüs zur Auswahl, inklusive dem klassischen Avocadotoast, das auf einem saftigen Vollkornbrot mit Kürbiskernen serviert wurde. Mein absolutes Highlight war allerdings der Churro-Cruffin mit Vanillecremefüllung – das ist eine Mischung aus einem Croissant und einem Muffin und ja, es war genauso gut, wie es sich anhört!

    Das Café ist sehr klein und bietet eine schnuckelige Atmosphäre mit einer typisch skandinavischen Einrichtung – hygge eben! Ihr könnt hier außerdem durch eine große Fensterfront einen Blick in die Küche werfen und den Mitarbeitern beim Backen der feinen Gebäcke und Brote zuschauen. Am coolsten aber fand ich die Siebträgermaschine, die vom Design her so aussah wie eine Bierzapfanlage. Absolut Kult!

    Waterfront

    Vom Freya Café ging es noch ein Stück weiter die Harbor Steps hinunter bis zur Waterfront. Natürlich gehört zu jeder großen Metropole die am Wasser liegt auch ein touristischer Pier mit einem großen Riesenrad. In Seattle erstreckt sich dieser vom Pier 70 im Norden bis zum Pier 48 im Süden. Die Flaniermeile am Hafen bietet euch eine Vielfalt an Fischrestaurants, Souvenirshops und Attraktionen, wie etwa dem Seattle Great Wheel am Pier 57 oder dem Seattle Aquarium direkt nebenan am Pier 59. Das 53 Meter hohe Riesenrad war bei seiner Eröffnung im Juni 2012 das höchste Riesenrad an der Westküste der USA und bietet am Abend von Freitag bis Sonntag eine große Lichtershow. Das Aquarium ist eher mittelgroß und vor allem für Kinder ausgerichtet. Ein Highlight ist jedoch die überdimensionale Unterwasserkuppel, über die man einen Einblick in die Meerestiefen der Gewässer Washingtons bekommen kann.

    Bei schönem Wetter ist die Waterfront in Seattle der perfekte Ort zum Flanieren und Treiben lassen, denn hier ist immer etwas los! Ich bin bis zum Pier 66 gelaufen, wo ein riesengroßes Kreuzfahrtschiff der Norwegian Cruise Line angelegt hat. Über die Bell Street Pedestrian Bridge lauft ihr durch Belltown – einem der beliebtesten und hippsten Wohnviertel – das euch vor allem entlang der 1st und 2nd Avenue viele schöne Boutiquen, Cafés, Restaurants, Galerien und Streetart bietet. Nach etwa einer Viertelstunde Fußweg erreicht ihr dann eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt.

    Space Needle

    Der 184 Meter hohe Aussichtsturm gilt als das Wahrzeichen schlechthin für Seattle. Man findet ihn auf zahlreichen Postkarten oder als Schlüsselanhänger in den Souvenirshops verewigt. Ursprünglich wurde er für die damalige Weltausstellung 1962 erbaut und ist das Ergebnis eines Kompromisses zweier Architekten, die beide eine unterschiedliche Idee für das Design hatten. Der eine skizzierte einen riesigen Ballon, der an den Boden angebunden war, der andere eine fliegende Untertasse. Herausgekommen ist das heutige Sanduhr-Profil der Space Needle.
    Die Idee zu einem Turmrestaurant ist dem Vorsitzenden der Weltausstellungskommission, Edward C. Carlson, übrigens durch den Besuch des Stuttgarter Fernsehturms gekommen. Highlight ist bis heute der weltweit erste rotierende Glasboden „The Loupe“, der in einer Lounge eingebettet ist, in der ihr einen Cocktail mit Ausblick über die gesamte Stadt genießen könnt.

    Die Tickets für die Space Needle kosten für Erwachsene 39$ und können entweder vor Ort oder online erworben werden. Ich würde euch die Vorabbuchung empfehlen, da besonders am Wochenende viel Betrieb herrscht und Wartezeiten von 2 Stunden nicht unüblich sind.

    Original Starbucks

    Seattle gilt nicht umsonst als die Stadt des Kaffees, denn hier eröffnete Starbucks 1971 seine erste Filiale in einem kleinen Geschäft direkt am historischen Pike Place Market. Benannt wurde das Unternehmen übrigens nach dem Steuermann Starbuck aus dem Roman „Moby Dick“ und soll an die Seefahrerromantik und -tradition der ersten Kaffeehändler erinnern.
    Mit dem Wissen, dass Starbucks heute die wohl bekannteste und größte Kaffeekette der Welt ist, wirkt diese Filiale in Seattle im Vergleich geradezu bodenständig und schnuckelig. Hier findet ihr übrigens noch das alte Logo der Firma. Aufgrund des Kult-Status, den Starbucks genießt, ist die Filiale natürlich immer gut besucht und vor dem Café bildet sich zu jeder Uhrzeit eine große Schlange. Mir persönlich war es die Wartezeit nicht wert und ich habe deswegen nur ein Foto von außen gemacht und mich stattdessen zum gegenüberliegenden Pike Place Market aufgemacht.

    Pike Place Market

    Der Pike Place Market ist für mich das Herz von Seattle und das pulsierende Zentrum der Stadt, in dem Locals und Touristen aufeinandertreffen. Ich könnte hier Stunden damit verbringen, die verschiedenen Stände mit Schmuck, Blumen und handangefertigten Produkten zu durchstöbern oder mich durch die verschiedenen Essensstände durchzuprobieren. Das Schönste und Beliebteste bei den Touristen sind wohl die bunten Blumensträuße, die viele nur kaufen, um damit ein Bild vor dem großen „Publik Market Center“-Schild zu schießen. Aber wer würde bei 10-20$ für einen riesengroßen Blumenstrauß schon nein sagen?

    Der bereits 1907 eröffnete Pike Place Market ist einer der ältesten kontinuierlich betriebenen Bauern- und Fischmärkte der USA. Angefangen hatte es damals mit nur acht Bauern, die ihre Produkte verkauften. Heute ist das Ganze auf über 200 Geschäfte, 120 Marktstände und Dutzende Cafés und Restaurants angewachsen. Mit über 10 Millionen Besuchern jährlich zählt der Markt zu einem der meistbesuchten Reiseziele im Bundesstaat Washington.

    Was ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen solltet sind die Fischwerfer vom Pike Place Fish. Ihr findet den Stand direkt im Zentrum des Markts. Die Männer bieten euch mehrmals am Tag eine Art Show, in der sie große Fische von Theke zu Theke und durch die Menge werfen. Diese Tradition begeistert die Zuschauer und begann damals, als die Männer zu müde waren, um die schweren Fische von der ausgekühlten Auslage an den Verpackungstisch zu bringen. Lasst euch außerdem nicht von einem ganz besonders lebendigen Fisch in der Auslage erschrecken, wenn ihr an dem Stand vorbeigeht😉

    Empfehlenswert ist auch der Ausblick vom hinteren Markt, denn hier habt ihr einen fantastischen Blick von oben auf die Waterfront. Ich habe mir hier einen eiskalten Greek Yogurt von Ellenos geholt und mich ein paar Minuten in die Sonne gesetzt.

    Capitol Hill

    Capitol Hill ist ein Viertel, das man unbedingt einmal gesehen haben muss, denn wirklich beschreiben kann man es nicht. Es ist nicht nur ein absolutes Szeneviertel, sondern auch das Regenbogenviertel der Stadt – sogar die Zebrastreifen sind in den Regenbogenfarben gestaltet. Hier findet ihr mit Streetart bemalte Backsteinhäuser, Schwulensaunas, Hundesalons, Fetischläden, schummerige Bars und Diners, Kaffeeröstereien und trefft auf die skurrilsten und coolsten Menschen. Die meisten der trendigen Restaurants, Shops und Cafés haben sich entlang der Pike und Pine Street angesiedelt, weswegen man das Viertel auch fußläufig von Downtown aus ganz einfach erreichen kann.
    Je später es wird, desto mehr erweckt das Viertel zu Leben. Ich war hier auf Empfehlung im Bait Shop essen, wo ich wirklich die besten Pommes seit langer Zeit und einen echt guten Burger bekommen habe.

    Underground Tour

    Die Underground Tour habe ich bereits bei meinem letzten Besuch gemacht und ist nicht nur echt interessant, um mehr über die Geschichte der Stadt zu erfahren, sondern auch mal eine andere Art der Stadtbesichtigung. Die Tour kann man außerdem super gut alleine machen, denn man kommt schnell ins Gespräch mit anderen.

    Die „Stadt unter der Stadt“ erwartet euch mit einem Labyrinth aus alten Gassen, Geschäften, Hotels und Bars. Wusstet ihr, dass Seattle bei seiner Gründung fast zwei Etagen tiefer lag, quasi genau auf Höhe des Meeresspiegels? Das brachte allerdings damals so viele Probleme mit sich, wie Überflutungen und das Lahmlegen des Kanalsystems, dass man das Niveau der Stadt nach einem verheerenden Großbrand im Jahr 1889 um zwei Etagen angehoben hat. Was damals zum Schauplatz für Verbrechen, Prostitution und Drogengeschäfte geworden ist, kann man heute im Rahmen der Underground Tour besichtigen. Tickets könnt ihr sowohl vor Ort als auch online buchen. Startpunkt ist der zentrale Pioneer Square.

    Fazit

    Seattle ist für mich eine Stadt, in der man wunderbar einen ganzen Tag Flanieren kann und praktisch alles und nichts gleichzeitig macht. Für mich eine absolut unterschätzte Metropole, die mich in vielerlei Hinsicht an Vancouver erinnert hat. Natürlich gibt es auch in Seattle – wie mittlerweile leider in jeder amerikanischen Großstadt – Ecken, die man als Tourist besser meiden sollte. Wenn ihr euch aber in den touristischen Ecken aufhaltet, die ich euch vorgestellt habe, werdet ihr einen sehr schönen Tag verbringen!

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