Rio de Janeiro, die Millionenmetropole an der Ostküste Brasiliens, ist vor allem für den jährlich stattfindenden Karneval berühmt. Dieser alleine lockt rund eine Million Touristen in die Stadt, die sechs Tage lang den spektakulären Wettkampf der Samba-Schulen verfolgen. Aber auch außerhalb der Feierlichkeiten bietet die Stadt weltberühmte Sehenswürdigkeiten und spannende Orte, die entdeckt werden wollen.
Die Geschichte Rios
Ende des 15. Jahrhunderts beschlossen Spanien und Portugal das gerade erst entdeckte Gebiet des neuentdeckten Südamerikas unter sich aufzuteilen. Im Vertrag von Tordesillas wurde das heutige Brasilien den Portugiesen zugesprochen, sehr zum Missfallen der Franzosen, die den Vertrag nicht anerkannten. 1555 gründeten sie auf der Ilha de Villegagnon, einer kleinen Insel vor Rio de Janeiro, auf der sich inzwischen eine Militärakademie befindet, das Fort Coligny und nannten das Gebiet darum France Antarctique (antarktisch Frankreich).
Zehn Jahre später wurden die Franzosen von den Portugiesen vertrieben und es kam zur Gründung des heutigen Rio de Janeiros. Der Name, der Fluss des Januar bedeutet, lässt sich auf den Irrtum des Seefahrers Gaspar de Lemos zurückführen, der im Januar 1505 in der Guanabara-Bucht landete und sie für die Mündung eines großen Flusses hielt.
Heute ist die Stadt, nach São Paulo, die zweitgrößte des Landes und teilt ein ähnliches Schicksal wie das australische Sydney. Denn auch Rio wird oft, fälschlicher Weise, für die Hauptstadt gehalten, obwohl es diese Funktion bereits 1960 an das nördlich gelegene Brasília abgeben musste.
Der „Zuckerhut“ Pão de Açúcar
Prägend für die Landschaft Rios ist der Pão de Açúcar, ein fast 400 Meter hoher Felsen auf der Urca-Halbinsel im Süden der Bucht. Das auffällig geformte Gestein trägt im deutschen den Namen „Zuckerhut“, da seine Erscheinung eben genau daran erinnert. Die portugiesische Bezeichnung, die übersetzt „Zuckerbrot“ bedeutet, verdankt er nicht nur seiner Form sondern auch der Geschichte Rios. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde in der Stadt mit Rohzucker gehandelt, der zu Blöcke geformt wurde um ihn leichter nach Europa zu transportieren. Diese Blöcke wurden „Pão de Açúcar“ genannt und sollen ausgesehen haben wie der Felsen vor der Stadt. 1908 kam der brasilianische Ingenieur Augusto Ferreira Ramos, nachdem in Europa die ersten Seilbahnen eröffnet wurden, die anstelle von Materialien Personen transportierten, auf die Idee, solch eine Seilbahn am Zuckerhut zu errichten.
Ferreira Ramos setzte seine Idee durch, so dass 1912, nach zweijähriger Bauzeit, das erste Stück der Bahn auf den Morro da Urca, einem 220 Meter hohen Berg vor dem Zuckerhut, eröffnet wurde. Drei Monate danach erfolgte die vollständige Freigabe der Strecke bis hoch zum Zuckerhut. Über ein halbes Jahrhundert blieb die Bahn unverändert in Betrieb, konnte aber den steigenden Passagierzahlen und den Sicherheitsanforderungen bald nicht mehr standhalten, weswegen sich Ende der 60er für einen Neubau entschieden wurde. Die heutige Bahn ist seit 1972 im Einsatz und bietet seinen Gästen durch rundum verglaste Wände in den Kabinen einen spektakulären Blick auf die Stadt. Spuren ihres Vorgängers lassen sich heute auf dem Morro da Urca finden, wo eine der ursprünglich gelben Kabinen besichtigt werden kann.
Im Laufe der Zeit hatte die Bahn bereits prominente Passagiere wie Albert Einstein, John F. Kennedy oder auch Papst Johannes Paul II. Fans der James-Bond-Filme dürfte sie vor allem durch den 1979 erschienen Film „Moonraker – Streng geheim“ bekannt sein, wo sich der Titelheld, gespielt von Roger Moore, eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit seinen Widersacher liefert.
Der Berg Corcovado mit der imposanten Christusstatue
Fast auf grader Luftlinie vom Zuckerhut in Richtung Osten, ist der berühmteste Einwohner der Stadt anzutreffen. Auf dem Berg Corcovado steht die 30 Meter hohe Christusstatue, die neben dem Zuckerhut, eins der Wahrzeichen Rios ist. Ähnlich wie die Freiheitsstatue in New York City war Cristo Redentor, so der offizielle Name der Statue, zum hundertsten Unabhängigkeitsjubiläum geplant, konnte aber auch nicht rechtzeitig fertiggestellt werden. 1922 wurde mit dem Bau begonnen, der sich durch Finanzierungsprobleme verzögerte und erst durch die Unterstützung des Erzbistums der Stadt, des Heiligen Stuhls und Frankreichs, 1931 beendet werden konnte.
Im Laufe der Zeit wurde die Statue, die auf einem acht Meter hohen Sockel steht, in dem sich eine Kapelle befindet, immer wieder beschädigt. Im Januar 2014 zerstörte ein Blitzschlag einen Teil der Kuppe des rechten Mittelfingers, vier Jahre zuvor beschmierten Unbekannte sie mit Graffiti. Anders als die Freiheitsstatue in der Manhattan Bay kann Cristo Redentor nicht von innen besichtigt werden, bietet Besuchern von seinem Fuß aus aber einen wunderschönen Ausblick über die Stadt.
Die Treppe Escadaria Selarón
1983 zog der in Chile geborene Künstler Jorge Selarón nach Rio und fing sieben Jahre später an die Treppen vor seinem Haus zu erneuern. Seine Nachbarn machten sich zunächst darüber lustig, weil er Fliesenfragmente in den Farben der brasilianischen Flagge, blau, grün und gelb, nutzte und die Stufen damit bedeckte. Daraus wurde fast eine Besessenheit, bei der Selarón ständig das Geld ausging, weswegen er seine Gemälde verkaufte um die Arbeit an der Treppe zu finanzieren. Als die Stufen fertig war, begann er an einer anderen Stelle sein Werk, das nie vollendet werden würde, fortsetzen. Er verarbeitete über 2000 Fliesen aus über 60 Ländern und bezeichnete seine Arbeit als „Tribut an die Brasilianer“, das erst am Tag seines Todes fertig sein würde. Dadurch fand das Werk am 10 Januar 2013 seine Vollendung, als der Künstler leblos auf der nach ihn benannten Treppe, der Escadaria Selarón gefunden wurde. Die 215 Stufen, die sich über eine Länge von 125 Metern erstrecken, führen von der Rua Joaqium Silva und der Rua Manoel Carneiro durch die Stadtteile Lapa und Santa Teresa.
Das Maracanã Stadion
Für Fußballfans darf in Rio ein Ausflug zum Maracanã-Stadion, in dem die deutschte Nationalmannschaft sich 2014 den vierten Weltmeistertitel holte, nicht fehlen. Das Station wurde 1950 fertiggestellt und bot Platz für 200.000 Zuschauer, womit es das größte Fußballstation der Welt war. Nach zahlreichen Renovierungen, zuletzt für die WM, besitzt es jetzt nicht einmal mehr die Hälfte der früheren Kapazität. Es ist teil des Complexo Esportivo do Maracanã, zudem auch eine Mehrzweckhalle und ein Schwimmstadion gehören. Seit 1966 heißt das Station offiziell Estádio Jornalista Mário Filho, zu Ehren des brasilianischen Sportjournalisten Mário Filho der sich Ende der 40er dafür eingesetzt hatte, das Stadion an seinem heutigen Standort zu bauen und nicht, wie zuvor geplant, im Stadtteil Jacarepaguá.
Rund um den Hafen
In der Nähe des städtischen Hafens stoßen Besucher seit Dezember 2015 auf ein abstraktes, weiß-graues Gebäude. Ananaspflanzen inspirierten den spanischen Architekten Santiago Calatrava zu dem Bauwerk, in dem sich das „Museum of Tomorrow“ befindet. Es befindet sich auf der Praça Mauá, einer künstlichen Landzunge und beschäftigt sich mit den Bereichen Kosmos, Erde, Anthropozän, das Morgen und „Wir“. Sowohl von innen als auch von außen ist das Museum, das Teil der Bewerbung für die Olympischen Spiele 2016 war, ein architektonischer Hingucker und ein Besuch wert.
Zwei Kilometer weiter in Richtung Osten liegt das Aquarium AquaRio, das größte seiner Art in Südamerika. In 28 Becken, die sich auf fünf Ebenen verteilen, leben über über 8.000 Tiere die von den Besuchern durch verglaste Tunnel beobachtet werden können. Insgesamt beherbergt das Aquarium 350 verschiedene Arten aus allen Ozeanen, darunter auch verschiedene Mitglieder der Haifamilie.
Direkt neben dem Aquarium befindet sich das Riesenrad „Rio Star“, das mit seinen 88 Metern das größte Lateinamerikas ist. Es umfasst 54 Kabinen und transportiert während einer 20-minütigen Fahrt bis zu 432 Personen.
Copacabana und Ipanema
Das berühmteste Viertel der Stadt ist Copacabana, mit dem gleichnamigen Strand und dem weltbekannten wellenförmigen Mosaik am Bürgersteig. Bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts hieß der Bezirk „Sacopenapã“, was in der Sprache der Tupi-Indianer so viel wie „der Weg des Sozós“ bedeutet, wobei es sich beim Sozós vermutlich um eine Art Vogel handelt. Nachdem in den Gebiet eine Kapelle gebaut wurde, in der sich eine Nachbildung der Virgen de Copacabana, der Großmutter des Nachbarlandes Bolivien, befindet, kam der Stadtteil zu seinem heutigen Namen. In den 30er und 40er Jahren war Copacabana das Nobelviertel für die Reichen und Schönen, wird heutzutage aber überwiegend von Senioren der Mittelschicht bewohnt, anders als das angrenzende Viertel Ipanema, in dem die Oberschicht zuhause ist. Der hinter der Prachtstraße Avenida Atlântica gelegene Strand, der sich auf vier Kilometern die Atlantikküste entlangzieht, ist berühmt für knappe Badebekleidung, Beachvolleyball und seine jährlichen Silvesterfeiern.
Sambódromo und Catedral
In der Nähe des Sambódromo, der Tribühnenstraße auf der jedes Jahr der Wettbewerb der Sambaschulen während des Karnevals stattfindet, liegt die Kathedrale der Stadt. Das pyramidenähnliche Gebäude wird oft einfach nur als „Catedral“ bezeichnet, da die wenigsten sich die Zeit nehmen, den vollen Namen, Catedral Metropolitana de São Sebastião de Rio de Janeiro, auszusprechen. Ihr Bau dauerte 15 Jahre und kam auch erst nach langen Verhandlungen zwischen dem Erzbistum der Stadt und der Regierung des Bundesstaates Guanabara zustande. Die 75 Meter hohe katholische Kirche besitzt eine kreisförmige Grundfläche und wunderschöne, bunte Fenster die bis zur flachen Spitze reichen.
Rio de Janeiro hat auch außerhalb der sechs Tage Karneval im Februar viel für Besucher zu bieten, die sich aus Sicherheitsgründen nur in den Touristenvierteln aufhalten sollten. Denn trotz der Schönheit ist die Stadt nicht ganz ungefährlich und sollte mit Vorsicht genossen werden.