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    Helsinki: Tochter der Ostsee

    Helsinki ist die nördlichste Hauptstadt der EU und seit über 100 Jahren politisches Zentrum eines unabhängigen Finnlands. Die Metropole mit gut einer halben Million Einwohner liegt im Süden des Landes am Finnischen Meerbusen und belegte 2019 im Work-Life-Balance Index Platz 1 der lebenswertesten Städte weltweit. Zu den meistbesuchten Städten der Welt gehört sie aber nicht, obwohl sie viele spannende Dinge zu bieten hat. 

    Die Anfänge

    Seit 1959 beginnt in Helsinki jeder 12. Juni damit, dass der amtierende Oberbürgermeister der Stadt, im Hof des Rathauses eine Tasse Kaffee trinkt und damit den „Helsinki-päiviä“ eröffnet. An diesem Tag feiert die Stadt, anlässlich ihrer Gründung 1550, sich selbst, mit Open-Air-Konzerten, kostenfreien Museumsbesuchen und der Verleihung der Helsinki-Medaille an verdienstvolle Bürger. Als die Stadt auf Befehl des schwedischen Königs Gustav I. Wasa gegründet wurde, hatte das heutige Finnland mit Turku bereits ein politisches, geistiges und kulturelles Zentrum. An der Mündung des Flusses Vantaanjoki siedelten sich auf Befehl des Königs Einwohner umliegender Städte an, damit dort ein Konkurrenzhafen zum 80 Kilometer entfernten Tallinn, auf der anderen Seite des Meerbusens, errichtet werden konnte. Die von König Gustav I. Wasa ausgewählte Stelle erwies sich jedoch als ungeeignet für einen solchen Hafen weswegen Helsinki 1640 an seinen heutigen Platz, rund fünf Kilometer näher am offenen Meer, gelegt wurde. Im 19. Jahrhundert stand die Stadt unter russischer Herrschaft, was ihr 1812 die Stellung als Hauptstadt einbrachte. Zar Alexander I. fand, dass Turku, das eigentliche Zentrum des Großfürstentums Finnland, von St. Petersburg zu weit entfernt lag und bestimmte daher Helsinki zur Hauptstadt. Auch nach der Unabhängigkeitserklärung Finnlands 1917 behielt sie diesen Status und ist heute Regierungssitz und größte Stadt des Landes.

    Helsinki bewarb sich als Austragungsort für die Olympischen Spiele 1936, die nach Berlin gingen und 1940, die Tokio austragen sollte. Nachdem die Japaner 1938 die Spiele absagten, gingen sie schließlich doch nach Finnland, das als einziger Bewerber noch übrig war. So entstand das Olympiastadion in Helsinki, das architektonisch durch einen 72,71 Meter großen Turm hervorsticht, der Besuchern einen Blick über die Stadt bietet. Die Höhe wurde von den Architekten nicht zufällig bestimmt, sondern entspricht genau der Weite, die der finnische Speerwerfer Matti Järvinen bei den Olympischen Spielen 1932 in Los Angeles erzielte und dadurch nicht nur Gold holte sondern auch einen Weltrekord aufstellte. Bedingt durch den Zweiten Weltkrieg wurden die Spiele 1940 ganz gestrichen, Helsinki erhielt als Ausgleich die Zusage für die Austragung 1952. Inzwischen ist das Stadion die Heimat der finnischen Nationalmannschaft, die dort 2007 in einem zunächst ereignislosen Spiel gegen Belgien um die Qualifikation für die nächste Europameisterschaft kämpfte. Während des Spiels entschied sich ein Uhu, sich das ganze mal aus der Nähe anzusehen und flog mehrere Minuten zwischen den Toren hin und her, weswegen das Spiel unterbrochen wurde. Den Finnen gelang es danach, das Spiel mit 2:0 zu gewinnen, sie schafften es später aber trotzdem nicht in die Endrunde. Dafür wurde der Uhu, dem der Name „Bubi“ gegeben wurde, im selben Jahr noch Ehrenbürger der Stadt. 

    Der Senatsplatz

    Mittelpunkt des modernen Helsinkis ist der Senatsplatz, in dessen Mitte dem russischen Zaren Alexander II. ein Denkmal gesetzt wurde. Es ist fast elf Meter hoch und zeigt den Zaren, der eine finnlandfreundliche Politik vertreten hatte, in der Uniform eines finnischen Gardeoffiziers. Zu seinen Füßen stehen vier Statuen, die das Gesetz, die Arbeit, den Frieden und das Licht repräsentieren sollen. Eingeweiht wurde das Denkmal am 29. April 1894, dem Geburtstag des Zaren, der dreizehn Jahre zuvor einem Attentat zum Opfer fiel. Hinter der Statue führen fast 50 Stufen hoch zum Wahrzeichen der Stadt: dem Dom. Das weiße Gebäude wird jedes Jahr von etwa 350.000 Menschen besucht und wurde vom deutschen Architekten Carl Ludwig Engel entworfen. Inspiration lieferte ihm die Isaakskathedrale in St. Petersburg, deren kreuzförmiger Grundriss für den Bau in Helsinki übernommen wurde. Im Inneren ist die Kirche, die erst mit der Gründung des örtlichen Bistums 1959 zu einem Dom wurde, sehr schlicht gestaltet. Die einzigen Dekorationselemente sind Statuen der Reformatoren Luther, Melanchthon und Agricola.

    Der Dom von Helsinki mit der Statur von Zar Alexander II.

    Östlich des Zarendenkmals befindet sich die Universität, die sich seit 1828 in dem Gebäude am Senatsplatz befindet. Gegründet wurde sie eigentlich 188 Jahre zuvor als „Königliche Akademie zu Turku“, wurde später dann aber in die finnische Hauptstadt verlegt, nachdem ein Brand Turku verwüstet hatte. Ihr gegenüber befindet sich das Senatsgebäude, nach dem der Platz auch seinen Namen erhielt. In den Gebäuden dahinter befinden sich weitere Regierungseinrichtungen wie das Rathaus und der Präsidentenpalast. Das Parlamentsgebäude liegt rund zwei Kilometer nordwestlich im Stadtteil Etu-Töölö. 

    Der Hafen

    Hinter dem Regierungsviertel liegt der Hafen, in dem sich der Allas Sea Pool befindet. Das Freibad ist ganzjährig geöffnet und bietet Besuchern die Möglichkeit in drei Becken, von denen eins mit Meerwasser gefüllt ist, in unmittelbarer Nähe zur Ostsee zu schwimmen. Direkt daneben steht das SkyWheel Helsinki, ein 40 Meter hohes Riesenrad das im Sommer 2014 eröffnet wurde. Neben einfachen Fahrten, bei denen Besucher einen spektakulären Blick auf die Stadt haben, bietet das Fahrgeschäft noch spannende Sonderangebote. Wie wäre es zum Beispiel mit einer Cocktailparty oder einer Runde gemeinschaftlichen Schwitzens? In einer der 30 Gondeln befindet sich eine Sauna, was bei den saunaverrückten Finnen eigentlich nicht überraschen dürfte. Direkt am Tove Jansson Park, keine fünf Minuten Fußweg vom Riesenrad entfernt, liegt die Uspenski-Kathedrale, die neben dem Dom zu den prägendsten Gebäuden der Skyline von Helsinki gehört. Die rote Kirche mit den grünen Dächern wurde 1868 geweiht und zeigt so gut wie kein anderes Bauwerk in der Stadt den Einfluss der Russen auf Finnland. Jedes Jahr besuchen eine halbe Million Menschen die Kathedrale mit ihren 13 Kuppeln, die allesamt eine vergoldete Spitze haben.

    Der Hafen mit dem SkyWheel und der Uspenski-Kathedrale

    Bahnhofsviertel

    Westlich vom Hafen liegt die Eteläesplanadi, eine wunderschöne Straße, an der sich kleine Läden und Cafés reihen. In der Mitte ist sie durch einen kleinen Park getrennt, an dessen Ende sich das Schwedische Theater befindet. Daran grenzt die Mannerheimintie, die Einkaufsstraße der Stadt. Geprägt wird sie durch das Warenhaus Stockmann, das mit einer Verkaufsfläche von 50.000 Quadratmetern nur etwas kleiner ist als das KaDeWe in Berlin. 1862 wurde es von dem Deutschen Georg Franz Heinrich Stockmann in Helsinki gegründet und besitzt heute Filialen in vier Ländern.

    Ein Stück in Richtung Norden, direkt am Bahnhof der Stadt, befindet sich die 2018 eröffnete Oodi Bibliothek, ein Geschenk der Finnen an sich selbst zur 100-Jahr-Feier ihrer Unabhängigkeit. In dem beeindruckenden Gebäude befinden sich nicht nur unzählige Bücher sondern auch 3D-Drucker und eine Treppe im Design einer Doppelhelix, sowie – wie sollte es anders sein – auch eine Sauna.

    Die Doppelhelix-Treppe

    Einen Kilometer östlich davon liegt die Temppeliaukio-Kirche, ein faszinierender Bau aus dem Jahr 1969. Die Kirche wurde in einen Granitfelsen hineingebaut und besitzt ein riesiges Glasdach, damit niemand der Gäste während des Gottesdienstes im Dunklen sitzen muss. 

    Vor der Stadt

    Vor Helsinki liegt Soumelinna, eine Festung, die sich über mehrere Inseln verteilt und zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Während der 600-jährigen Herrschaft Schwedens wurde mit dem Bau der Anlage begonnen, um die Stadt Helsinki vor den Russen zu schützen. Unter russischer Herrschaft diente sie als Stützpunkt für rund 13.000 Soldaten und wurde im Krimkrieg von Frankreich und England stark beschädigt. Während des Zweiten Weltkriegs nutzten die Finnen Soumelinna unter anderem für ihre U-Boote und die Luftabwehr. Inzwischen sind die Inseln, die alle miteinander verbunden sind, ein beliebtes Ausflugsziel und vom Hafen mit öffentlichen Fähren zu erreichen. 

    Suomenlinna vor Helsinki

    Obwohl Helsinki bei Touristen noch nicht ganz so beliebt ist wie das nahliegende Stockholm, hat die Stadt viel zu bieten. Grade Architekturfreunde werden von den dortigen Bauwerken begeistert sein, die entweder Zeugen einer längst vergangene Zeit sind oder die Kunst der Moderne zeigen. Wer gerne in die Sauna geht, ist in Finnland sowieso immer an der richtigen Andresse, da es in dem Land tatsächlich mehr Saunen als Autos gibt und sie, gerade in Helsinki, an den ungewöhnlichsten Orten zu finden sind. 

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